Hintergrundbild Deutsches Kinderhilfswerk

PP-Nummer-17 WEGE AUS DER KRISE FINDEN!

Schulische Bildung von Kindern und Jugendlichen

Bildung ist ein Menschenrecht. Diese Maxime muss das Leitbild für den Bereich der schulischen Bildung in unserer Gesellschaft sein. Mit der Ratifizierung der UN-Kinderrechtskonvention hat die Bundesrepublik Deutschland das Recht des Kindes auf Bildung auf der Grundlage der Chancengleichheit anerkannt. Zur Umsetzung ist es notwendig, den Aufund Ausbau von Ganztagsschulen in Deutschland zu forcieren. Eine bundesweite Ganztagsschule kann hier ein Schritt in die richtige Richtung zu einer qualitativen Verbesserung von Schule sein. Heterogen zusammengesetzte Klassen sollten dabei nicht als Mangel, sondern als Chance begriffen werden, die eine aktive Öffnung in die Kommune ermöglicht und ein Unterstützungssystem für die Schülerinnen und Schüler mit Sozialarbeiterinnen/ Sozialarbeitern bzw. Erzieherinnen/Erziehern anbietet.

Auch in der Schule müssen die Interessen von Kindern in den Mittelpunkt des Handelns gerückt werden.

Aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes sind alle Beteiligten an der notwendigen Neugestaltung schulischen Lernens zu beteiligen. Dabei muss Schule insgesamt an den Interessen von Kindern ausgerichtet werden. Im Sinne von Art. 12 der UN-Kinderrechtskonvention, der die Berücksichtigung des Kindeswillens festschreibt, sollten Kinder in Deutschlands Schulen endlich mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten bekommen. Dazu zählen vor allem die verbindliche Wahl von Klassensprechern ab Jahrgangsstufe 1 sowie mindestens gleiche Beteiligungsrechte von Schülervertretungen analog der gesetzlichen Bestimmungen für Elternvertretungen. Außerdem sollten in den Klassenkonferenzen, (Gesamt) Lehrerkonferenzen und Schulkonferenzen (in Drittelparität) Schülerinnen und Schüler unabhängig von ihrer Jahrgangsstufe vertreten sein.

Schülerinnen und Schüler brauchen Mitbestimmungsmöglichkeiten nicht nur in Fragen der Raumgestaltung, sondern auch bei der Unterrichtsgestaltung. Nur so kann ein Klimawechsel in Deutschlands Schulen erfolgen, der es Kindern ermöglicht, mit Spaß und Freude in die Schule zu gehen. Damit könnte auch erreicht werden, dass weniger Kinder und Jugendliche als bisher dem Unterricht fernbleiben. Hierfür muss sich die Schule viel stärker als bisher der Lebenswirklichkeit von Kindern öffnen.Schülerinnen und Schüler müssen mit ihren Erfahrungen, ihren Interessen und ihrer Lebenswelt an der Leitbildentwicklung der Schulen beteiligt werden.

Außerdem müssen die Bildungsausgaben deutlich erhöht werden. Bisher liegt Deutschland im Vergleich der OECD-Staaten bei den Bildungsausgaben mit einem Anteil von 5,2 Prozent am Bruttoinlandsprodukt deutlich unter dem Schnitt von 6,2 Prozent. Der Essener Bildungsökonom Klaus Klemm beziffert den fehlenden Finanzierungsbedarf von den Kindergärten bis zu den Universitäten auf 45 Milliarden Euro pro Jahr. Bedenklich ist auch, dass für Gymnasiasten deutlich mehr Geld ausgegeben wird als für Grundschüler. Dies ist besonders im Hinblick auf die besonderen Lernpotenziale von Kindern im Grundschulalter problematisch. Denn neben dem Vorschulalter verfügen Kinder in der Grundschule meist noch über eine besondere Aufnahmefähigkeit und Lernmotivation, die eine frühzeitige Kompensation möglicher Entwicklungsunterschiede ermöglichen. Vor diesem Hintergrund ist es umso kritischer zu bewerten, dass sich das hohe Wohlbefinden der Kinder zu Beginn der Schulzeit von der 2. bis zur 4. Klasse gravierend verschlechtert. Hier müssen auch finanzielle Anstrengungen unternommen werden, um diesem Trend entgegen zu wirken.

Beim Wechsel der Schulart kommen vier Abstiege auf einen Aufstieg. Der Übergang von der Grundschule in eine der weiterführenden Schularten des Sekundarbereichs I entscheidet in hohem Maß über Bildungskarrieren. Dabei ist die Chance eines Gymnasialbesuchs für Kinder aus Familien der höchsten Sozialschicht im Vergleich zu der von Kindern aus Facharbeiterfamilien mehr als viermal so hoch. Hier müssen Initiativen für mehr Chancengerechtigkeit entwickelt werden, um diesen Benachteiligungen entgegen zu wirken. Internationale Studien belegen, wie beispielweise längeres gemeinsames Lernen von Schülerinnen und Schülern bis zum Ende der Pflichtschulzeit bei gleichen oder besseren Lernleistungen einer frühzeitigen sozialen Selektion entgegenwirkt.

Herkunftsbedingte Bildungsbenachteiligungen gibt es auch im nonformalen und informellen Bereich. Es zeigt sich, dass Schule die vorhandenen Unterschiede bei Computerkompetenzen, die in der Freizeit erworben werden und auch von häuslichen, mit dem Sozialstatus verknüpften Ausstattungs- und Nutzungsmöglichkeiten geprägt sind, nicht ausgleichen kann.

Stand: 28. April 2010

Dieses Positionspapier ist Teil der bundesweiten Kampagne des Deutschen Kinderhilfswerkes
zum Thema Chancengleichheit für alle Kinder und Jugendlichen in Deutschland.

 

Fachbeiträge zum Positionspapier
Titel: Bildung in Deutschland – Zu den Konsequenzen aus dem Bericht des UN-Sonderberichterstatters Vernor Muñoz

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