Nationaler Aktionsplan "Für ein kindergerechtes Deutschland 2005-2010"
Junge Menschen haben ein Recht auf Bildung, auf ein gesundes Aufwachsen, auf gesellschaftliche Beteiligung und vor allem darauf, dass sie vor physischer und psychischer Gewalt geschützt werden. Deshalb will die Bundesregierung die Ziele des Nationalen Aktionsplans "Für ein kindergerechtes Deutschland 2005-2010" gemeinsam mit Kindern, Jugendlichen sowie allen politischen und gesellschaftlichen Kräften umsetzen.
Der Nationale Aktionsplan 2005-2010 knüpft an die Sondergeneralversammlung zu Kindern der Vereinten Nationen vom 8. bis 10. Mai 2002 in New York (Weltkindergipfel 2002) an. Auf dieser Konferenz wurde unter dem Titel "A world fit for children" ein Abschlussdokument verabschiedet, das im Sinne der UN-Kinderrechtskonvention weltweit zur Verbesserung der Lebenssituation der Kinder beitragen soll. Wie alle Unterzeichnerstaaten hat sich Deutschland darin verpflichtet, einen Nationalen Aktionsplan mit konkreten termingebundenen und messbaren Zielen und Vorhaben zu erstellen. Damit soll die international definierte Zielsetzung auf nationaler Ebene umgesetzt werden.
Das Bundeskabinett hat den Nationalen Aktionsplan "Für ein kindergerechtes Deutschland 2005-2010" (NAP) am 16. Februar 2005 beschlossen. Er wurde unter Beteiligung von Vertreterinnen und Vertretern aus Bund, Ländern und Gemeinden, der Kinderkommission des Deutschen Bundestages, Nichtregierungsorganisationen, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie Kindern und Jugendlichen erarbeitet. Sechs Handlungsfelder, denen aus Sicht der Bundesregierung eine Schlüsselstellung für mehr Kindergerechtigkeit zukommt, stehen im Mittelpunkt:
- Chancengerechtigkeit durch Bildung
- Aufwachsen ohne Gewalt
- Förderung eines gesunden Lebens und gesunder Umweltbedingungen
- Beteiligung von Kindern und Jugendlichen
- Entwicklung eines angemessenen Lebensstandards für alle Kinder
- Internationale Verpflichtungen
Die Umsetzung des NAP verlangte das Zusammenspiel unterschiedlicher Akteurinnen und Akteure auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene. Dabei kam auch den Verbänden, Vereinen und Freien Trägern eine wichtige Rolle zu. Das Bundesfamilienministerium hatte deshalb im Herbst 2006 eine Lenkungsgruppe und im Frühjahr 2007 thematische Arbeitskreise initiiert, die die Umsetzung begleiteten und ihr Fachwissen zur Verfügung stellten.
Im Kinder- und Jugendreport zum NAP haben Jugendliche ihre Ideen und Anregungen zum Nationalen Aktionsplan und seiner Weiterentwicklung formuliert. Mit der Vorlage des Kinder- und Jugendreports im Bundeskabinett im Juni 2006 würdigte die Bundesregierung das Engagement der Kinder und Jugendlichen.
Von 2004 bis 2006 fungierte zunächst die Initiative Projekt P als Portal für Informationen zum NAP, zu Fortschritten und Entwicklungen. Abgelöst wurde sie 2006 durch das Aktionsprogramm Du machst, das die Ziele und Ideen der Initiative aufgegriffen hat.
2008 startete das offizielle Begleitprogramm zum NAP, die Initiative Für ein kindergerechtes Deutschland, ebenfalls unter der Federführung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
Für den Nationalen Aktionsplan waren die Auseinandersetzung breiter Teile der Gesellschaft mit dem NAP und die Begleitung der Umsetzung der Handlungsfelder wichtig. Von wesentlicher Bedeutung zur Erreichung des Zieles – eines kindergerechten Deutschlands – war und ist die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an dieser Auseinandersetzung. Die Nachhaltigkeit des NAP wird dadurch bestimmt, dass die Kinder und Jugendlichen direkt in die Umsetzung des Aktionsplanes einbezogen wurden. Dazu gab es ein Kinder- und Jugendbeteiligungsprojekt des Deutschen Bundesjugendringes (DBJR) mit Beteiligung der Servicestelle Jugendbeteiligung (SJB).
Auf dem Fachkongress Schützen, fördern und beteiligen - Für ein kindergerechtes Deutschland wirkten über das Kinder- und Jugendbeteiligungsprojekt erstmals auch Kinder und Jugendliche selber an einer solchen Fachveranstaltung aktiv mit und referierten und debattierten unter anderen zusammen mit Wissenschaftler/innen und anderen Fachleuten.
Initiative "Für ein kindergerechtes Deutschland"
Im Frühjahr 2008 startete das Bundesfamilienministerium die Initiative "Für ein kindergerechtes Deutschland". Ziel war es, die politische und öffentliche Aufmerksamkeit für Kindergerechtigkeit zu erhöhen. Aktivitäten sollten auf Bundes-, Landes- und vor allem auch auf kommunaler Ebene angestoßen und ein starkes Netzwerk aus Politik, Gesellschaft und Wirtschaft geknüpft werden.
Entscheidende Erfolge auf dem Weg zu einem kindergerechten Deutschland konnte das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend - vielfach gemeinsam mit anderen Ministerien sowie den Ländern und Kommunen - bereits erzielen. Das Kinderförderungsgesetz zum Beispiel beseitigt die letzten juristischen Hürden zum Ausbau der Kinderbetreuung. Mit dem Aktionsprogramm "Frühe Hilfen" wurden wirksame Bausteine gegen Vernachlässigung und Missbrauch von Kindern geschaffen. Im Bereich Gesundheit hat die Bundesregierung einen Aktionsplan beschlossen, um noch gezielter gegen Bewegungsmangel und schlechte Ernährung bei Kindern und Jugendlichen vorzugehen. Hinzu kommen wirksame und verlässliche Familienleistungen wie das Elterngeld oder das erhöhte Kindergeld, die Familien vor dem Abrutschen in Armut schützen.
Am 9. November 2010 zog die damalige Bundesregierung auf einer Abschlusskonferenz „Perspektiven für ein kindergerechtes Deutschland“ Bilanz und richtete den Blick auf zukünftige Aufgaben und Herausforderungen. Vor allem ging es um die Frage, wie eine nachhaltige Implementierung von Kinder- und Jugendbeteiligung in der Praxis sichergestellt werden kann.
Während die Bundesregierung auf die bereits erreichten Fortschritte abzielte, gab aus den Reihen der Nichtregierungsorganisationen auch Kritik. Diese bezog sich u. a. darauf, dass weitere rechtliche Reformen notwendig sind, um wirklich allen Kindern in Deutschland den vollen Schutz der Konvention zu gewähren und dass die Kinderrechte endlich ins Grundgesetz aufgenommen werden müssen. Umweltpolitik, Bildungspolitik, Städtebau - all das muss Kinderrechtsgesichtspunkten entsprechen. Kinderamut, Bildungsverlierer und fehlende Beteiligung von Kindern und Jugendlichen dürfen nicht länger hingenommen werden.
Beteiligung von Kindern und Jugendlichen wird bereits in vielerlei Zusammenhängen praktiziert. Beteiligung darf allerdings nicht beliebig sein, wenn sie Kinder und Jugendliche und ihre Anliegen ernst nimmt.
Ein im Rahmen des NAP eingerichteter Arbeitskreis von Expertinnen und Experten aus Verbänden, Stiftungen, Wissenschaft und Politik hat – in ständiger Rückkopplung mit der Fachpraxis – „Allgemeine Qualitätsstandards für die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen“ erarbeitet. Der Arbeitskreis realisiert damit eine zentrale Forderung des NAP hin zu mehr Kinder- und Jugendgerechtigkeit. Die Standards wurden von der Lenkungsgruppe des NAP verabschiedet und auf der bundesweiten Themenveranstaltung „Qualitätsstandards bei der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen“ am 6. November 2009 in Essen vorgestellt.